Auch wenn in einem Prospekt die Chancen und Risiken einer Geldanlage hinreichend verdeutlicht werden, so stellt dies keinen Freibrief für einen Anlageberater oder Vermittler dar, die Risiken herunterzuspielen. Erleidet ein Kunde einen Vermögensschaden, weil er sich auf die Schönfärberei des Vermittlers verlassen hat, so hat er einen Anspruch auf Schadenersatz, so der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Obwohl der klagende Anleger ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, zwar Steuern sparen zu wollen, gleichwohl aber an einer sicheren Geldanlage interessiert sei, wurde ihm von dem Anlagevermittler eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds vermittelt. Als sich die Anlage auch nicht ansatzweise so positiv entwickelte, wie von dem Kläger erwartet, verklagte er den Vermittler auf Zahlung von Schadenersatz. Dabei berief er sich darauf, dass der Vermittler bei den Beratungsgesprächen versichert hatte, dass die Beteiligung absolut sicher sei und überhaupt nichts Negatives passieren könne.
Der Vermittler verteidigte sich in seiner Klageerwiderung u.a. damit, dem Kläger vor seiner Beitrittsentscheidung den Emissionsprospekt der Fondsgesellschaft ausgehändigt zu haben, in welchem hinreichend sowohl auf die Chancen als auch auf die Risiken der Beteiligung an dem Immobilienfonds hingewiesen worden sei. Selbst wenn man unterstellen würde, dass es sich bei dem Kläger um einen unerfahrenen Anleger handelt, so hätte er aufgrund seines Berufs als Bilanzbuchhalter erkennen müssen, dass es sich bei einer unternehmerischen Beteiligung durch Erwerb eines Kommanditanteils um keine absolut sichere Anlageform handelt. Im Übrigen hätte der Wunsch des Klägers, Steuern sparen zu wollen, mit einer anderen Anlageform nicht realisiert werden können.
Der Kläger unterlag LG Hamburg (Urteil vom 20.10.2005 - 321 O 464/04) und dem OLG Hamburg (Urteil vom 23.04.2007 - 10 U 10/06), der Bundesgerichtshof hat nun das angefochtene Urteil aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
In seiner Entscheidung weist der BGH darauf hin, dass sich eine Anlageberatung grundsätzlich daran auszurichten hat, ob der Interessent eine sichere Geldanlage wünscht oder die Anlage spekulativen Charakter haben darf. Unter Berücksichtigung dieses Ziels ist dem Interessenten ein auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittenes „anlegergerechtes“ Angebot zu unterbreiten. Wird dem Interessenten in diesem Zusammenhang ein Prospekt ausgehändigt, in welchem umfassend auf die Chancen und Risiken der empfohlenen Geldanlage hingewiesen wird, so darf der Berater in seinem Gespräch mit den Kunden nicht versuchen, die Risiken schönzureden.Denn folgt der Kunde in einer solchen Situation der Empfehlung des Beraters, und entwickelt sich die Geldanlage negativ, so ist der Berater zum Schadenersatz verpflichtet. Das gilt auch dann, wenn sich bei dem Interessenten wegen der Aussagen im Prospekt Zweifel an den Aussagen des Beraters hätten aufdrängen müssen.
Quelle: BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07
Zum selben Thema bereits: Schönfärberei durch Anlagevermittler und BGH, Urteil vom 12.7.2007 - III ZR 83/06
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