In einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Anlageberater eine besondere Hinweispflicht gegenüber dem Anleger hat, auf die eingeschränkte Veräußerungsmöglichkeit (Fungibilität) von Kommandit-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds hinzuweisen. Der Anlageberater muss ohne Aufforderung und von selbst hierauf hinweisen soweit keine entsprechenden Angaben im Prospekt zu finden sind oder der Anleger nicht genug Zeit hatte, den Prospekt zu studieren.
Ein Anlageberater unterliegt grundsätzlich weiterreichenderen Pflichten als ein Anlagevermittler. Von einem Anlageberater kann der Interessent nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung erwarten. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. Als unabhängiger individueller Berater, dem weit reichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten, wobei die konkrete Ausgestaltung der Pflicht entscheidend von den Umständen des Einzelfalles abhängt.
In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Berater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen.
Die Frage, ob die begrenzte Möglichkeit, Kommanditanteile an geschlossenen Immobilienfonds weiterzuverkaufen, eine Eigenschaft ist, über die der Anlageberater auch ohne entsprechende Anfrage des Interessenten aufzuklären hat, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung bislang uneinheitlich beantwortet.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes ist der der Auffassung, dass jedenfalls der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten, dem er zu einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist. Die praktisch fehlende Aussicht, eine KG-Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die der Alterssicherung dienen sollen.
Die Pflicht zur ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds kann allerdings entfallen, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Weiterveräußerung für den Anleger erkennbar ohne Belang ist.
Quelle: BGH, Urteil vom 18.01.2007 – III ZR 44/06
Bundesgerichtshof stärkt Anlegerrechte:
Pflicht zur ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds
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